Archiv für August 2011

Kolleginnen und Fans

August 29, 2011

15:17 innerfirmische Mail von der Kollegin. Betreff: „Sollte ich was wissen?“ Anhang: Foto. Oberkörper eines Mannes, Gesicht nur angeschnitten, nackt, selbstfotografiert am ausgestrecktem Arm und auf dem Bauch quer mein Vorname in einem Herz, nicht mit Photoshop bearbeitet, sondern manuell rauf gemalt.

 

Jaja, Fans muss man haben, aber vor allem Kolleginnen mit einem guten Timing und dem sicheren Gespür für Dinge wie bunte Schirme an Regentagen.

Gebirge auf dem Herzen

August 28, 2011

Vielleicht weil nichts passiert, vielleicht weil ich gar nicht weiß was passieren soll, vielleicht wegen des Wetters, vielleicht weil um mich rum die Babybäuche wachsen wie Pilze in feucht-warmen Endsommertagen, vielleicht weil alle verliebt sind, vielleicht weil jedes Lied passt, vielleicht weil ich nicht weiß wohin , vielleicht weil alles still steht, vielleicht weil ich selbst daran Schuld bin, vielleicht weil es lange nicht so war, vielleicht weil die Zeit rennt, vielleicht wegen der vielen Baustellen, vielleicht weil sich nichts richtig anfühlt.

Wahrscheinlich weil mein Körper mich verarscht, nicht allein sein können, Eisprungzeit, oder was? Vergiss es und krieg dich wieder ein.

Zeichen, Wunder…

August 25, 2011

…und Sofa(s)!

(un)bedeutsam

August 24, 2011

Manchmal passieren Dinge nicht. Irgendwann – wenn man vergessen hat zu erwarten, dass sie passieren – passieren sie dann doch.

Und dann ist es weder groß, noch bedeutsam, noch verändernd. Nicht, dass das schlimm ist. Nur überraschend, als wenn man Silvester da steht und der Zeiger der mittelnächtlichen Zwölf immer näher rückt und dann nichts passiert außer dunkler Nacht und man selbst davor, sich wundernd, so sehr wundernd, dass man fast die Schönheit der schlichten Nacht übersieht.

 

Summa summarum: Passierte, überraschende, unverändernde (bisher zumindest) Schönheiten alias Dinge – Punkt (kein Platz für Gedankenchaos und jetzt wirklich – Punkt).

FKK-Wohnzimmer

August 22, 2011

Mein Wohnzimmer feiert seit zweieinhalb Wochen die Freikörperkultur. Nackig, sofalos. Jedoch nicht ganz freiwillig, der reizende Sofabringdienst, der jetzt schon den zweiten Samstag in Folge mein neues Sofa bringen wollte, tut das einfach nicht!

süße Transvestiten und der Springmops

August 17, 2011

Frau Dr. Bärchenstreich, Kurt und ich haben eine Verabredung zu einer kulturellen Abendveranstaltung im Schauspielhaus. Das Portemonnaie keucht, es ist die Restkopenhagener Erschöpfung, aber dank Frau Bärchenstreichs goldenem Parkausweis ist das Keuchen zwar deutlich zu hören, aber noch nicht in einen debilen Schreiton übergegangen und gewisse Gelegenheiten muss man wahrnehmen: The Rocky Horror Picture Show.

Ich komme direkt von der Arbeit, bin nicht wirklich aufgebretzelt, Frau Bärchenstreich gleicht das aus. Mit dem Taxi fährt sie vor, Busfahren wäre wegen des gewagten Outfits sicher spannend geworden: Die Möpse mittels Korsage und Pünktchentop eine Etage höher geschnürt (mein Blick ist gefesselt, in die Augen gucken ist alle: Männer ich kann euch verstehen – jetzt), ein Petticoat und fesche Strümpfe dazu. Vorbeugen ist nicht, ausatmen auch nicht – die luftgefüllte Brust hält den waffenscheinbenötigenden Ausschnitt an Ort und  Stelle, sonst stellen wir noch fest wer von Puschel und Wuschel der Springmops ist.

Frau Bärchenstreich hat ihren eigenen Stuhl dabei (Kurt), wir sitzen in Reihe B, das ist die zweite Reihe von vorne über uns prangt eine imposante Decke, wir staunen erhaben. Der Saal füllt sich, eine Omi auf mörderischen Absätzen, mit Federboa und rotem Seidenhemd wird von ihrem Sohn, Freund, Begleiter gestützt geführt um nicht in den Rillen des Holzfußbodens stecken zu bleiben. Ein Schauspiel.

Ich bin ganz aufgeregt, Frau Bärchenstreich und ich schaffen es vorm „Aufzug“ noch schnell uns in Sachen Privatleben auf den neusten Stand zu bringen und dann hebt sich der Vorhang. Zwei Stunden Musiktheater, große Gefühle, fantastisches Makeup, Sky Dumont, der als Erzähler fungiert und jede Publikumsaussage tapfer in den Erzählfluß aufnimmt, spießige Unterröcke und bunte Strapse, es wird sich die Seele aus dem Leib gesungen, stählerne Goldjungen, ein immer erwartungsgemäß gekleideter Dr. Frank N. Furter – alles perfekt. Es fliegen Wassertropfen, Toilettenpapier, Konfetti und Spielkarten, dann wird grandios gestorben und der Vorhang fällt, tosender Applaus, ein letztes Mal Time Warp…

 

PS: Sowohl Puschel wie auch Wuschel haben sich vornehm zurück gehalten und sind beide im Körbchen geblieben, aber das nur anbei.

Fastgeschenkschulden

August 16, 2011

Montags kommt Messitum im Privatfernsehen, samstags Chaosbewältigung (um nicht Messitumbekämpfung zu sagen) im Freundeskreis. Was tut man nicht alles für einen Fruchtcomputer.

Man „tut“ (keine besonders schön-deutsche Grammatik, aber sonst funktioniert das Wortspiel nicht) versuchen eine Katze zum Türöffnen und unterschreiben zu dressieren, weil samstags das neue Sofa kommen soll und keiner Zeit hat; Glück haben weil Frau Norma(h)lverbraucher ein Quäntchen Zeit findet und die Wohnungshütung übernimmt; extrem früh aufstehen, weil der Wertstoffhof nur bis 14:00Uhr offen hat; mit der Handbremse eines Opels kämpfen, Yvönnsche deswegen anrufen und aufwecken, die definitiv mehr von Autos weiß, aber in Sachen Handbremse auch keine Ahnung hat; einen monströsen Opel Kombi nach Handbremsenlösung um eine Radfahromipassantin wenden und anschließend Schund – säckeweise – zum Wertstoffhof zu fahren; sich Mietnomaden ausdenken, weil so viel Schund und wiederholtes Wertstoffhofanfahren samt persönlicher Begrüßung durch die Herren vom Wertstoffhof doch etwas peinlich ist; Frühstück holen, weil sowohl der Unratexbesitzer wie auch die Unratbeseitigerin (alias ich) vor Hunger den Nahtod fürchten; bis auf den Schlüppi nass werden, weil man(n) im Regen Papiermüll wegbringen muss; bis zu den Knien in Pfandflaschen versinken und verzweifelt Müllsäcke suchen; zu Mutti fahren, Gummihandschuhe aus Angst vor Infektionskrankheiten sowie Chemiebombe XY Rohrfrei besorgen; alle auffindbaren Lebensmittel in den Müll schmeißen…

 

Summa summarum: Man tut so einiges für eine Fruchtcomputer.

Orakel

August 11, 2011

Ich bin das Orakel.

 

 

Auf mein eigenes Leben bezogen hab ich weder eine besonders gute Menschenkenntnis noch eine gute Vorahnungskraft, Bauchgefühl ebenfalls kaum. In Fremdangelegenheiten befällt mich hingegen eine fast göttliche Weisheit und Klarsicht.

Im Freundeskreis hat sich das schon rumgesprochen und so bei kniffligen Fragen, ich als Orakel gefragt. Aber egal, was das Orakel spricht, der Freundeskreis handelt – und das ist auch gut so – nach eigenem Ermessen. Was selbstredend nichts daran ändert, dass das Orakel Recht behält.

Jammi fragte mich vor geraumer Zeit, welches der fünf Jobangebote, Sie denn annehmen sollte. Sie favorisierte ihr Lieblingslokal, ich hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, nicht zu greifen und doch deutlich zu spüren.

Wie gesagt, der Freundeskreis tut, was der Freundeskreis tut. Jammi arbeitet seit drei Wochen in ihrem lieblingslokal und zusammengefasst ist es grausam. Auf die unterschiedlichsten Weisen, dreimal war sie kurz davor zu kündigen, zweimal hatte sie akute Angst gekündigt zu werden, klassischen Anschiss gibt es jeden Tag, Einweisung keine…

 

 

Es wird besser…“, sagt sie.

Das Orakel schweigt.

schmerzhafte Erinnerung (Füße betreffend)

August 7, 2011

Füße haben ein Gedächtnis. Ich habe Schuhe im Regal, bei denen ich mich nicht erinnere, warum ich sie nicht trage. Habe ich sie an, schaffe ich es genau bis zur Bushaltestelle und weiß dann ganz genau warum ich sie so lange nicht anhatte. Die blauen scheuern am Hacken, die beigen haben kein Profil, die mit Leopardenmuster (ja ich besitze Schuhe mit Leopardenmuster) lassen meinen kleinen Zeh langsam aber sicher absterben, auf die schmerzempfindliche nicht taube Weise.

Die schönen neuen hellbraunen, die mich durch Kopenhagen tragen sind nicht generell unbequem, meine Füße wimmern nur wegen des dauerhaften Laufens. Schmerzerinnerung, „einfach gehen“ murmele ich mantraartig und schaffe es bis zur Oper. Angucken ist nicht, nur mit Führung, die nächste ist in zwei Stunden. Kurz reinluschern kann man trotzdem: Orange Decken und Lampen wie Monsterdiskokugeln, die bunte Miniregenbögen an die Decke werfen.

Zwei Stunden habe ich nicht. In drei geht mein Zug, ich habe noch zwei Karten zu schreiben und eine Verabredung auf ein Smörebrot bei Aaman’s, bei dem Mann, der neben seinem Sternerestaurant das Smörebrot revolutionierte. Smörebrot hatte ich noch gar nicht in dieser Urlaubswoche, ein perfektes Abschlussessen – allerdings wieder auf der anderen Seite des Kanals.

Ich nehme den Bus, der nur so heißt und eine Fähre des öffentlichen Nahverkehrs ist. Ein letztes Mal am Hafen entlang, Richtung Königsgarten – Menschenslalom, durch ein Kuriositätengeschäft mit alten Werbebuchstaben, Insektenkästen und weiteren Absonderlichkeiten. Dann hinterm Königsgarten: Aaman’s, der letzte Punkt auf der Urlaubsliste. Ich bestelle ein grünes Smörebrot bzw. Smörebrot mit grünem Belag und eins mit Braten, Salat, Walnüssen und Pflaume. In der Wartezeit mal ich Urlaubsberichte auf Postgarten, dann gibt es Stulle, besonders feine Stulle, Kopenhageninfoweitergabe an einen europareisenden Neuseeländer und so endet der Urlaub – quasi.

der frühe Vogel

August 7, 2011

Nach einem weiteren Abend im Madklubben, unglaublich gutem Braten in witzig seltsamer Begleitung von Blumenkohl, Lauch, Mandeln mit Zitronencreme und dem Vorsatz um halb neun aufzustehen, schaffe ich es schon eine Stunde früher. Ebenso wie der Rest meines Zimmers, das Aufstehen der Koreanerinnen hat die Lautstärke eines Renovierungstrupps.

Halb neun bin ich schon auf dem Flohmarkt und damit die erste. Fast noch vor den Standbetreibern. Schaffe es bis zehn einmal quer durchs Univiertel, nehme die fehlenden sieben Sehenswürdigkeiten mental mit, anschließend ein Schlenker über den Antikmarkt am Kanal der Altkopenhagen umschließt (diesmal keine Tellerregale) und über die Brücke nach Christianshavn, einmal den Kanal entlang, alles noch vor der Regelladenöffnungszeit elf.

Und dann zweite Chance für Christiania. Wildblumen überall, Oma hätte ihre helle Freude, in den Beeten/Wildwiesen gelegentlich ein Alkoholrauschausschlafender der letzten Nacht, in den Cafes trinken bunte Menschen Orangensaft zu Toast und Eiern. Wandmalereien an schiefen Häusern, bepflanzte Gummistiefel und Autoreifen, in Ständen werden Fruchtsalate und Smoothies verkauft, die Sonne scheint, Kinder spielen – bunt, glücklich, fröhlich, frei, kreativ, zumindest ein bisschen.