Archive for the ‘Hamburg, meine Perle’ category

Hamburger Knisterkälte

Januar 26, 2014

Bis zur Tür des Roschs ist uns warm, warmgetanzt – drei Stunden schön abgehottet. Vor der Tür steht Eddi in etwas, was wohl als Türsteher-Exkimoalternativanzug zu deuten ist, und vor der Tür ist Winter.

Es liegt kein Schnee, der Himmel ist sternenklar (vermute ich, denn durch die Kiezbeleuchtung ist das eher eine Ahnung als eine Gewissheit), den Hamburger Winter macht der Hamburger Winterwind aus. Und der Hamburger Winterwind ist ein Biest. Ich hake Timo unter oder er mich, wir lachen über das Gedicht mit den drei dicken Winter-Spatzen und weil jeder der mittlere sein will, Wetter ist eine Sache, die man nicht ändern kann, unsere Zähne werden kalt. Wir wechseln zu Schmunzeln (der Zähne wegen). Es sind nur 300m Fußweg bis zur Bahn. Durch meine Thermoleggings kriege ich Eisbeine, Gegenwind, ich wünsche mir eine Sturmhaube, aber es herrscht ja Vermummungsverbot, da sind die auf St. Pauli besonders streng.

In der U-Bahn treffen wir zwei Zugezogene, sprechen über Moin, „da nicht für“, den Hamburger Winter und machen Werbung für diese wundervolle Stadt mit dem grausamen Winterwind.

Lübecker Straße muss Timo raus, die Zugezogenen Hamburger Straße; längst habe ich beschlossen ein Taxi für den Restweg von der Bahn nach Hause zu nehmen. Aber es ist keins da. Sch*** aufs Vermummungsgesetzt, ich stell den Kragen hoch und wickle meinen Schal möglichst luftdicht um Hals und Gesicht. 20 Minuten Fußweg. Ich summe. Wetter ist eine Sache, die man nicht ändern kann.

Bei der Treppenhausbewältigung fühlen sich meine Oberschenkel wie Glas an. Knisterkälte. Geschafft! Vier Uhr, ich dusche die Kälte weg. Ich dusche so lange, bis ich aussehe wie eine Rosine, die letzte Tagesüberwindung: Die Dusche zu verlassen. Irgendwie klappt das auch, einen Handtuchturban tragend klettere ich in meine Kissenberge und werde Sonntag Mittag von strahlender Wintersonne geweckt – toller Tag.

die schönsten Ecken Deutschlands – Hamburg

November 30, 2012

Deutschlandbuch Hamburg1

Um Himmels Willen musste die arme Earny lange warten.

Dabei hat sie ein so supertolles Projekt ins Leben gerufen: Die schönsten Ecken Deutschlands, 30 Personen stellen ihren Heimatort vor. Ich bin die 13. und als das Buch hier ankam lag ich – zu gefühlt 90 Prozent aus Kamillentee bestehend – im Bett und habe nichts gemacht. Jetzt – wieder fit und fröhlich – ist das Buch fertig bzw. mein Teil des Buches ist fertig. Ein Stadtplan samt Route wurde eingefügt, kleine Bilder gemalt, Touristisches mit von Lottschen kombiniert und nun kann der Leser auf meinen Spuren wandern. Mal sehen, wer das macht!?

Deutschlandbuch Hamburg2

Jetzt kann das Buch weiterreisen!

die Mutter des Elefantenjungen

November 9, 2012

Jenseits der Pendlerzeit Bahn zu fahren hat was für sich. Es ist leerer, erstaunlicherweise aber nicht ruhiger. Die Menschen sprechen, man kann schlicht dasitzen und sich ein bisschen wie in der Nacherzählung von „Mitten im Leben“-RTL-Trash-TV fühlen.

In meiner Sitzgruppe sitzt eine hochschwangere Frau, es ist das vierte erzählt sie der farbigen Omi, die ihr gegenüber sitzt. Und hochschwanger sei sie nicht, sie sei im dritten Monat, aber weil es eben das vierte ist würde das schon jetzt so aussehen. Wenn sie wirklich noch sechs Monate vor sich hat gebiert sie ein Elefantenjunges. Sie freut sich auf ihre anderen drei Kinder, „blob-blob-blob“ – sie fährt mit ihrer Hand über den dicken Bauch und malt drei weitere Hubbel vor ihn – sei das damals gegangen, acht, sieben und sechs seien die jetzt. Drei Monate hat sie die drei nicht gesehen hat, Krankenhaus vermute ich in mich rein. U-Haft sagt sie, ich schaue aus dem Fenster mein Gegenüber kurz hoch. In ihrer pinken Umhängetasche mit falschem Hello-Kitty-Aufdruck, die ist für ihre Tochter sagt sie nebenbei, kramt sie und findet – das Evangelium in grünem Einband. Jeden Tag hat sie darin gelesen berichtet sie und hält es der farbigen Zuhörerin etwas dichter unter die Nase als nötig gewesen wäre, diese nickt. Die Schwangere spricht gebrochen Deutsch, nicht weil sie es nicht anders könnte, sondern weil sie annimmt, dass ihre farbige Zuhörerin nur gesprochen Deutsch spricht und natürlich spricht sie laut, denn eine Sprache, die schwer zu verstehen ist, wird gebrochen und laut gesprochen viel verständlicher – Solidarität: „Jeden Tag ich beten, dass ich nicht bleiben muss wenn Baby kommt – in U-Haft (das musste auch für die frisch Zugestiegenen nochmals erwähnt werden).“

Sie wurde erhört, drei statt der angedachten sechs Monate und schon ist sie wieder raus. „Beten hilft.“, antwortet die Gesprächsteilnehmerin. „Manchmal.“, füge ich an – gedanklich und schmunzle aus dem Fenster. Mundsburg, ich bin Berliner Tor eingestiegen, was man in drei Stationen alles erleben kann…

Oh, ich wollte Berliner Tor raus…“, erkennt die Schwangere und steht auf mit der typischen Schwangerenaustehgymnastik – Bauch noch weiter vor, bis zur Kante des Sitzpolsters rutschen, Rücken in Richtung Turnunterrichtesgedächtnisbrücke soweit das eben geht und dann mit Schwung und leichtem Stöhnen hoch. Sicher dritter Monat – es wird ein Elefantenjunges! „Entschuldigung.“, sagt die farbige Omi. „Macht doch nichts, ich fahren zurück und steige aus.“ Das tut sie dann auch. Die farbige Omi bleibt zurück und summt ein bisschen während sie aus dem Fenster schaut, meine IKEA-Tüte raschelt zwischen meinen Knöcheln.

süße Transvestiten und der Springmops

August 17, 2011

Frau Dr. Bärchenstreich, Kurt und ich haben eine Verabredung zu einer kulturellen Abendveranstaltung im Schauspielhaus. Das Portemonnaie keucht, es ist die Restkopenhagener Erschöpfung, aber dank Frau Bärchenstreichs goldenem Parkausweis ist das Keuchen zwar deutlich zu hören, aber noch nicht in einen debilen Schreiton übergegangen und gewisse Gelegenheiten muss man wahrnehmen: The Rocky Horror Picture Show.

Ich komme direkt von der Arbeit, bin nicht wirklich aufgebretzelt, Frau Bärchenstreich gleicht das aus. Mit dem Taxi fährt sie vor, Busfahren wäre wegen des gewagten Outfits sicher spannend geworden: Die Möpse mittels Korsage und Pünktchentop eine Etage höher geschnürt (mein Blick ist gefesselt, in die Augen gucken ist alle: Männer ich kann euch verstehen – jetzt), ein Petticoat und fesche Strümpfe dazu. Vorbeugen ist nicht, ausatmen auch nicht – die luftgefüllte Brust hält den waffenscheinbenötigenden Ausschnitt an Ort und  Stelle, sonst stellen wir noch fest wer von Puschel und Wuschel der Springmops ist.

Frau Bärchenstreich hat ihren eigenen Stuhl dabei (Kurt), wir sitzen in Reihe B, das ist die zweite Reihe von vorne über uns prangt eine imposante Decke, wir staunen erhaben. Der Saal füllt sich, eine Omi auf mörderischen Absätzen, mit Federboa und rotem Seidenhemd wird von ihrem Sohn, Freund, Begleiter gestützt geführt um nicht in den Rillen des Holzfußbodens stecken zu bleiben. Ein Schauspiel.

Ich bin ganz aufgeregt, Frau Bärchenstreich und ich schaffen es vorm „Aufzug“ noch schnell uns in Sachen Privatleben auf den neusten Stand zu bringen und dann hebt sich der Vorhang. Zwei Stunden Musiktheater, große Gefühle, fantastisches Makeup, Sky Dumont, der als Erzähler fungiert und jede Publikumsaussage tapfer in den Erzählfluß aufnimmt, spießige Unterröcke und bunte Strapse, es wird sich die Seele aus dem Leib gesungen, stählerne Goldjungen, ein immer erwartungsgemäß gekleideter Dr. Frank N. Furter – alles perfekt. Es fliegen Wassertropfen, Toilettenpapier, Konfetti und Spielkarten, dann wird grandios gestorben und der Vorhang fällt, tosender Applaus, ein letztes Mal Time Warp…

 

PS: Sowohl Puschel wie auch Wuschel haben sich vornehm zurück gehalten und sind beide im Körbchen geblieben, aber das nur anbei.

der Weg ist das Ziel – Kiezslalom

Mai 25, 2010

Nach meinem Kalaschnikowfreitag verspüre ich nicht die geringste Lust mich außerhalb meiner eigenen vier Wände aufzuhalten, aber es ist Geburtstag angesagt und der Geburtstag der besten Unifreundin ist nicht zu schwänzen.

Also quäle ich mich in ein angebracht lässiges Outfit und mache mich gegen neun auf den Weg gen Kiez. Ich schlüpfe aus der Bahn, die S-Bahn-Station riecht nach Kiez, Kiez wie Kiez eben riecht im Untergrund, eine Mischung aus zu viel Männerparfüm, Urin und verschüttetem Bier.

Kiez gegen zehn: Umherschwirrende Tourigruppen teilweise mit Familie, angeführt von C- bis X-Prominenz, Kostümierten, Geschichtsstudenten und/oder Lebenskünstler, da wird hinter Schirmen hergedackelt – illustres menschliches Herdenverhalten in unbekannter Umgebung. Zwischen den Herden sehe ich Mädels um die 19 in zu hohen Schuhen, die sich gerade auf den Weg in den nächsten In-Club machen, es wird über Sven gelästert oder Jens und im Vorbeigehen lässt sich ahnen, dass er der Ex von der ist, die am wenigsten glücklich mit der eigenen Schuhwahl scheint.

An der Davidwache stehen sich friedlich Polizisten und Schwälbchen gegenüber, die Schwälbchen stehen auf der Burger King Seite – vielleicht die bessere Seite, zumindest was die Grundversorgung angeht. Hinter mir eine weitere Regenschirmgruppe angeführt durch eine schrille Transe. „Haben Sie die bestellt…“ (alter Touriwitz) „Ja natürlich, aber hätte ich gewusst, dass du so zurückhaltend bist, hätt ich nur die Hälfte bestellt.“ (altes Transenkontra)

Grüne Ampelphase mit Polizei im Rücken wartet man, ein Fahrradfahrer mit Weidengepäckträgerkörbchen kreuzt, vorbei bei Mothers Finest, wo es neben tollen Nacht-Überlebenskäsetoast Fließen zu bewundern gibt, die wie Eulen aussehen und der Kakao noch mit Milch gemacht wird.  Und man bis nachts um halb drei noch Fritzmelonenbrause gibt. Halb drei wird abgeschlossen, auch das gibt’s mitten aufm Kiez…

Dahinter sitzen Alkoholiker vor verwahrlosten alten Häusern. Zwei Ecken später bin ich da, grandioser Blick auf den Hafen, selbst vom Erdgeschoss aus. Hinter mir sehr exklusive neue Eigentumswohnungen, die Taxen kreisen, Richtung König der Löwen und zurück, Richtung Theater und zurück, überall hin und von überall her, schwarz-glänzende Autos namenhafter Hersteller fahren in die Tiefgarage, ein Page raucht eine am Dienstboteneingang…

Jammi kommt raus. Feierabend, endlich Feierabend, die Lichter des Kiez flimmern, tiefschwarz liegt das Wasser in der Elbe, der Kiez ist gerad erst aufgewacht.

Hamburger Wetterlage in der 16.Kalenderwoche

April 21, 2010

Heute habe ich verzweifelt Noahs Telefonnummer gesucht, aber ich konnte sie nicht finden. Vielleicht hat Noah gar keine Telefonnummer mehr, denn als Endzeitfanatiker mit der Nur-ich-allein-werde-überleben-Option braucht man wahrscheinlich kein Telefon.

Dass ich Noah anrufen wollte liegt nur daran, dass ich fragen wollte, ob noch Logenplätze in der Arche frei wären und was sie denn kosten würden. Dass ich das fragen wollte, lag an dem illustren heutigen Wetter.

Wettertechnisch hatte Hamburg heute nicht nur einiges zu bieten, sondern alles: Nieselregen, Sonnenstrahlen, Schnürsenkelregen, Sturm und Wind, Schneegraupel, pralle nicht besonders warme Sonne und gruseligen Hagel.

Es ist April und wahrscheinlich muss das so, aber die ein oder andere Mittagspause des April würd ich gerne noch in der Sonne verbringen, kann mal wer ein Memo an die Wetterelfen versenden? Mein Memoversendegerät scheint nämlich defekt zu sein…

zu Besuch bei Herrn Max

März 4, 2010

In der Schanze bei Herrn Max ist die Welt noch in Ordnung und das auf eine hippe Weise: Ein bisschen sehen die Wände der Konditorei nach antikem Schwimmbad aus, weiße Fließen und eine türkise Bordüre kurz vor der Decke, die anmutet wie eine altgriechische Kordel. Bis zur Hüfte ist die Farbgebung andersrum. Geschwungene Möbel in beige mit ornamental gemusterten Kissen.

Frau Bärchenstreich, die Freundin mit dem Überallparkenschein, und ich reihen uns brav in die Warteschlange zu den kultigen Schanzengängern und schauen durch den Glastresen auf bunte Kuchenplatten mit Limettentartes, Käsekuchen, Rosmarin-Kirsch-Torte. Oben auf dem Tresen stehen Petit Fleurs in hellblau mit grünen Totenköpfen oben drauf. Auf dem Rest des Holztresens stehen gläserne Glocken mit weiteren süßen Geheimnissen.

Weiter hinten noch hinter dem Arbeitstisch an der Rückwand steht auf einem weißen Regalbrett, ein weißes Tortenensammelsurium (höchstwahrscheinlich aus Hartplastik), zwischendrin sitzt ein ebenso weißer Lobster. Darunter vier holzgerahmte Bilder mit mittelblauen Kulizeichnungen.

Wir entscheiden uns für Preiselbeercreme und Himbeer-Schoko-Ingwer-Kuchen und außerdem für Halbe-Halbe, des Weiteren für das Sofa mit Petrolpolster und Sicht nach draußen. Vor uns im Schaufenster stehen Kuchen, einer sieht aus wie Frankenstein in der Badewanne, auf einem anderen sitzt ein Monster auf dem Plattenteller.

Eine Rhabarberschorle und je zwei halbe Stück Kuchen später machen wir zwei weiteren Mädels Platz, denn Platz ist rar gesät. Ein Fazit bleibt: Die besten Frauengespräche werden bei Torte geführt.

zum ersten Mal…

Februar 23, 2010

Mit dem Älterwerden und ich meine damit nicht von 50 in Richtung 70, sondern dem generellen täglichen Älterwerden, werden die ersten Male seltener. Während man nach seiner Geburt so viele erste Male hat, an die sich später nur die Eltern und das Fotoalbum erinnern (Fremderinnerungen halt): Das erste Mal alleine auf den Bauch gedreht, das erste Mal Möhrenbrei erbrochen, das erste Zähnchen bekommen; schlägt spätestens im Teenageralter die Eigenerinnerung zu: Der erste Kuss, der erste Freund, das erste Mal heimlich in die Disko, das erste Mal mit Erlaubnis in die Disko, die erste Trennung und so weiter. Je älter man wird umso weniger erste Male kann man erleben (und ich betone dies nicht melankolisch, sondern realistisch)…

Eines der 2009-ersten-Male, an das ich mich gern erinnere, war mein Bungeesprung von einem hellblauen Kran in der Nähe des U-Bootmuseums kopfüber in die Elbe. Und nun bin ich erneut zum ersten Mal gesprungen… Zumindest irgendwie.

Ich habe gestern zum ersten Mal eine Kündigung für ein Arbeitsverhältnis geschrieben. Es heißt also – um es im Sinne der britischen Monarchie auszudrücken – „der Lächeljob ist tot, es lebe der Lächeljob“. Zum ersten April findet der Wechsel statt.

Neben dem Gefühl der großen neuen Chance, geregeltere Arbeitszeiten und auch im Krankheitsfall der Kollegin die Nichtoption von 13-stündigen Arbeitstagen, sowie einem Gehalt, das auch das Verreisen wieder möglich macht (zumindest ab und an), schwingt etwas Wehmut mit, ich mag den Lächeljob. Obwohl ich zu den outgesorcten Mitarbeitern gehöre und erst seit Dezember dies als mein alleiniges Objekt habe, funktioniert es gut: Meine Arbeit wird geschätzt, ich kenne fast alle der 200 Mitarbeiter, weiß um ihre Macken und Eigenheiten, werde mit in die betriebstechnischen Abläufe eingebunden, habe den Dreh in Sachen Zuständigkeitsbereiche raus. Wäre es (alias das Objekt) mit Aufstiegschancen und einem Gehalt, bei dem man am Ende des Monats keine Angst vor Ausfällen der haushaltswichtigen Geräte oder anderen überraschenden Ausgaben haben müsste, würde ich hier bleiben. Wäre – jaja, ein Leben im Konjunktiv!

Also ab – mit Sprung und Schwung – in ein neues Arbeitsverhältnis…

Mein Bungeejump war bei schönstem Sonnenschein, ich bin auf einen hellblauen Kran hinauf geklettert – gefühlte 1000 Stufen. Als ich oben stand hab ich mich von der Öffnung im Rundumgitter abgewendet und konnte ganz Hamburg sehen, grandios blauer Himmel mit Schäfchenwolken, die weit über den Dächern der Stadt flogen, der Wind machte die Hitze, die in der Stadt lag erträglich und obwohl weit entfernt, konnte man sehen wie sich die Sonne in den Fenstern der Bürogebäude bricht… Als ich mich dann umdrehte und gen Elbe (also 65m in die Tiefe) guckte, war mir gelinde gesagt extrem übel, dachte aber: „Kneifen is nicht…“. Ich stand also an der Kante, die Füße schon halb im nichts, das Gummiseil wurde fixiert, 20kg zerrten an meinen Knöcheln (ja so schwer ist ein Gummiseil), die Rückversicherung eine Karabinerleine am Rückengurt wurde gelöst und dann langsames Vornüberkippen, wie eine Vertrauensübung im Sportunterricht, ich mochte das schon früher nicht. Eigentlich war alles gut, bis zu dem Zeitpunkt, an dem klar wurde, dass hinstellen „alle“ ist. Ich schreie, schaffe es jedoch kurz vor der Wasseroberfläche meinen Schnabel zuzumachen, tauche ein – bis zum Bauchnabel und muss schon beim Wiederauftauchen grenzenlos lachen. Das Gummiseil federt nach, ich hopse ein paar Mal durch die Luft. Bis mich ein charmanter Mann des Bodenpersonals mit einem Greifarm zurück an Land holt. Ich fühle mich wie der mutigste Mensch der Welt – mit Abstand, weitem Abstand.

Und nun also neuer Job: Ach ja, kneifen is nicht…

Hamburger Wetterlage in der 8.Kalenderwoche

Februar 22, 2010

Nun ist’s aber auch mal Schluss mit schneelustig!

Kaum erbarmt man sich des Wetters und schreibt einen schönen Tau-Frühlingswetter-im-Anmarsch-juhuu-Eintrag fallen über Nacht 5cm Neuschnee…

noch ein Kurztrip in die Vergangenheit

Februar 20, 2010

Weil das um der alten Zeiten Willen von Dienstag auf Mittwoch so schön war, gingen wir in die zweite Runde.

Ich war ewig nicht auf dem Kiez, Winter und Kiez ist irgendwie unangenehm nicht so meins. Während sich im Sommer die Möglichkeit des Outdoorrauchens bietet, neigen frostempfingliche Nikotinanhänger im Winter zum Innenrauchen, was je nach Ladenfülle zu hochgehaltenen Kippen, Brandlöchern in Kleidung und schlechten Luftverhältnissen führt. Kratzige Schurrwollimitatjacken schuppern dann an meiner ärmellosen Schulter und der Beischlafutensilienkoffer alias Handtasche der 19-Jährigen stößt bei jedem ihrer ausladenden Hüftschwünge gegen meine Seite schlägt (okay, das Taschenproblem ist im Sommer nicht unähnlich).

Jammi und ich sind geübt und maximal bewaffnet mit unseren HVV-Tickets (für den öffentlichen Nahverkehr), zwei Geldscheinen und unseren Haustürschlüsseln. Dies alles kann man vorzüglich im Stiefelschaft, den Kniestrumpfrand oder der Jeanshosentasche verstauen – keine Handtäschchenmafia

Gestern Abend – Kiezabend!

Jammi und ich starten klassisch in der Sankt Pauli Bar, wo die Cocktails gut und die Kellnerinnen meist blond, mindestens aber langbeinig sind und einen Hauch von der Arroganz versprühen, den auch Douglas-Verkäuferinnen (warum auch immer) inne haben – Jobarroganz vielleicht. Wir werden bedient von einer Unblonden, Langbeinigen, die ein bisschen wie ein Goth in ziviler Verkleidung aussieht und nicht arrogant ist, Glück gehabt! Wir trinken einen schirmchenfreien Cocktail, meiner mit Ananasspieß, Apfelstückchen und Candyschockkirsche, ihrer White Russian mit Kakaostreu und vitaminfrei.

Anschließend landen wir im Rosch, was eigentlich Roschinskys heißt. Vor der Tür steht Eddi, den ich heimlich „meinen“ Türsteher nenne. Eddi ist zwei Meter groß und erinnert sich trotz meiner nur gelegentlichen Besuche immer an mich. Bis vor kurzem hatte er einen langen Zopf, inzwischen trägt er seine Haare kurz, irgensone Wettschuld. Es macht ihn circa 10 Jahre jünger.

Wir hopsen durchs Rosch durch, der DJ ist neu, die Musik gut. Altbewährte Mischung aus Rock, altem Rock, mittelaltem Rock, deutschem Tanzhiphop (oder wie auch immer die Untersparte heißt, in der sich Peter Fox, Jan Delay und Fettes Brot aufhalten) und Klassikern aus den 60ern und 70ern, irgendein mitsingbarer 90er-Remix ist auch dabei. Es wird drei, Jammi muss morgen arbeiten, wir gehen nach Hause…

Lümmeln uns ins ihr IKEA-Bett mit der IKEA-Bettwäsche, lästern noch eine Runde über die Mädels in den Streifenpullis, Kategorie Handtäschchenmafia und Cliquenweggänger, die heute die zwanghafte Manie hatten immer genau da zu tanzen, wo wir gerade tanzten. Mirjams Aussage dazu: „Physikalische Grundgesetz: Wo ein Körper ist, kann kein anderer sein.“ Wir kichern, reden noch ein wenig über Jungs, stimmen schräg – denn singen liegt uns beiden nicht sonderlich – ein zwei passende Klagstücke an und sind uns sicher, das machen wir bald mal wieder.