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die anwesende Abwesenheit von Dalai-Lama-Weisheit

Februar 2, 2012

19h, ich fahre nach Hause. Meine Brust geschwollen – von Stolz und von dem Wissen, dass ich der Dalai Lama bin und fähig dieses Dalai-Lama-Allwissenheitsprinzip auf mich anzuwenden um nicht mehr sehenden Auges in mein Unglück zu rennen – Neujahrsvorsätze.

Dem Grafen geht es schlecht. Sehr schlecht. Die letzten vier Monate hatten wir keinen Kontakt, mein Kopf war frei – kein Gehirnspam. Und zeitgleich war alles kristallklar, so klar, dass ich sehen kann, dass er mich auf seine abstruse Art und ich ihn auf meine normale Art mag, dass dieses Etwas – wofür der Begriff Freundschaft nicht passt und auch nichts anderes – existiert.

Ich kann mich nicht auf mehr als einen komplizierten Menschen zurzeit konzentrieren und ich kann mir nicht keine Gedanken machen. Und er kann nicht einfach sein, nicht pünktlich, nicht zuverlässig, nicht respektvoll, nicht unlaunisch – so sind wir, fehlerhafte Menschen mit Abstand betrachtet.

Und doch Liebe, nicht Reihenhaus-Kinder-Familienhund-Liebe, nicht Sexliebe. Liebe, die etwas in ihm sieht, was wertvoll ist; die ihm schwungvoll in den Arsch treten möchte, weil er in mancherlei Hinsicht so dumm ist und blind für sein eigenes Potenzial; Liebe, die einen wahnsinnig macht, wenn man zu dicht dran ist, weil man dem von Beratungsresistenz überfüllten Geliebten sprachlos gegenübersitzt – summa summarum: Gehirnspam.

Abstand, die Zusammenfassung des Dalai-Lama-Wissens.

Nicht den Zwang es recht zu machen, zu gefallen, mich nicht ärgern, nicht gedankenverloren, nicht müde, nicht verärgert – ich will dieses unbezahlbare Gefühl zurück.

Es ist ein trügerischer Stolz, der sagt, dass die getroffene Entscheidung eine feste ist, unabänderbar. Ich sollte mich besser kennen. Aber die Sonne meiner spöttischen Überheblichkeit überblendet die Selbstkenntnis.

Dem Grafen geht es schlecht.

21h, ich sitze in einem Taxi. Wider besseren Wissens, sehenden Auges.

Dem Grafen geht es schlecht, sehr schlecht. Vier Monate Nichtmelden und akutes Herzleiden begründet in einer Frau, die klug genug ist zu gehen. Nicht weil sie, nichts für ihn empfindet, sondern weil der Gehirnspam, sie madig macht. Und wer will schon ein madiges Leben.

Ich habe ihn nie so gesehen: So viel Traurigkeit, dass sich unter meinen „Es ist Kharma“-Gedanken, Mitleid mischt. Ich bin kein Gutmensch.